Projekt „Leben in der DDR – Leben im Sperrgebiet“
Anfang Februar verwandelte sich die Werratalschule in einen ganz besonderen Lernort: Im Rahmen einer Projektwoche hatten die Heringer Schülerinnen und Schüler aller Jahrgänge die Möglichkeit, an vielseitigen Projekten teilzunehmen und neue Erfahrungen zu sammeln.
Besonders intensiv setzte sich die Klasse 9G mit einem bewegenden Kapitel deutscher Geschichte auseinander – dem Leben in der DDR, insbesondere in der Sperrzone entlang der innerdeutschen Grenze. Im Verlauf des Projekts erhielten die Neuntklässlerinnen und Neuntklässler einen umfassenden Einblick in den Alltag jener Zeit – mit seinen Herausforderungen, aber auch positiven Aspekten. Ein Höhepunkt dabei war der Besuch der Gedenkstätte Point Alpha, einst ein US-amerikanischer Beobachtungsstützpunkt an der Grenze zwischen West- und Ostdeutschland. Während einer Führung erfuhren die Schülerinnen und Schüler mehr über die militärische Sicherung der Grenze, das Leben in der Sperrzone und die Fluchtversuche von DDR-Bürgerinnen und –Bürgern.
Kaum ein anderer Ort vermittelt die politische Brisanz des Kalten Kriegs und die angespannte Situation entlang der deutsch-deutschen Grenze so eindrucksvoll. Angesichts der erhaltenen DDR-Grenzanlagen mit Wachtürmen, Stacheldrahtzaun und Kolonnenwegen wurde den Schülerinnen und Schülern auf beklemmende Weise bewusst, mit welchen Mitteln die DDR versuchte, ihre Bürgerinnen und Bürger an der Flucht zu hindern. Besonders bewegend waren die Geschichten von riskanten, teils geglückten, meist jedoch gescheiterten Fluchtversuchen. Auch das Schicksal der zwangsumgesiedelten Familien, deren Wohnorte zu nah an der Grenze lagen, hinterließ einen tiefen Eindruck. Ebenfalls eindrucksvoll war der Einblick in die ehemaligen Gebäude und Ausrüstungen der US-Soldaten, die einst im Camp stationiert waren. Am Ende der Exkursion wurde allen Beteiligten einmal mehr bewusster, wie wertvoll Freiheit und Demokratie sind.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Projekts war ein Interview mit sechs Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die das geteilte Deutschland aus unterschiedlichen Perspektiven erlebt hatten. Neben den thüringischen Lehrkräften Frau Rink und Herrn Finger sowie Frau Knaut, der Mutter einer Schülerin, berichteten auch Helgo Clute-Simon, Hannelore Dehn und Fritz Ewald von ihren persönlichen Erfahrungen. Die individuellen Erinnerungen ergänzten sich gegenseitig und vermittelten den Schülerinnen und Schülern ein vielschichtiges Bild des Lebens in der DDR.
Die Gespräche boten unter anderem Einblicke in den Alltag der DDR-Bürgerinnen und Bürger – von der allgegenwärtigen Überwachung durch die Stasi bis hin zu den Hoffnungen auf Freiheit und den tiefgreifenden Veränderungen nach dem Mauerfall. Gleichzeitig berichteten einige Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aber auch von positiven Aspekten, wie der empfundenen Ruhe und Ordnung sowie dem hohen Stellenwert von Disziplin und Erziehung.
Besonders deutlich wurde, wie nachhaltig diese Zeit die Menschen prägte. Viele der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen hatten bis zum Schluss nicht geglaubt, dass Deutschland jemals wiedervereint würde. Ihre Erlebnisse zeigten, wie tiefgreifend die deutsche Teilung das Leben der Menschen beeinflusste – und wie wichtig es ist, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen.
Und so hinterließ die Projektwoche einen bleibenden Eindruck bei der Klasse 9G. Durch den Besuch von Point Alpha und die persönlichen Begegnungen mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen erhielten die Schülerinnen und Schüler eine lebendige Vorstellung vom Leben in der DDR. Ihr Fazit: Geschichte ist nicht nur Vergangenheit – sie lebt weiter in den Erinnerungen der Menschen.





